Burnout am Herd

Markus Krassnitzer ist Koch aus Leidenschaft. In seinem sehr persönlichen Buch „Burnout am Herd“ erzählt er, wie aus einer möglichen Karriere als Küchenchef ein Zusammenbruch wurde. Wir haben nachgefragt, wie er die Gastronomie erlebt hat.

AK-Report: In Ihrem Buch schreiben Sie, Kochen sei der schönste Beruf der Welt.
Warum ist das für Sie so?
Krassnitzer: Ich habe schon als Kind gerne gekocht. So war es eigentlich klar, dass ich eines Tages
eine Ausbildung zum Koch machen werde. Das Schöne an diesem Beruf ist für mich, dass man Menschen mit Kochen wirklich Freude bereiten und Gastgeber sein kann. Die Leute kommen gerne zu dir essen. Blöd wird es halt, wenn dir alles zu viel wird.

AK-Report: Welche Schattenseiten hat der Beruf für Sie?
Wenn man jung ist, will man viel erreichen. Ausbildung und Arbeit haben viel Spaß gemacht und wir haben wirklich als Team angepackt. Ich war damals Anfang 20 und habe geglaubt, ich kann und muss allem und jedem gerecht werden. Damals habe ich nicht „Nein!“ sagen können. Da kam dann auch Alkohol ins Spiel.

AK-Report: Welche Rolle spielte der Alkohol?
Nicht nur der Alkohol. Ich habe Kolleginnen und Kollegen gesehen, die was genommen haben, um länger munter zu sein. Koffeintabletten, Schmerzmittel, weil es ja auch körperlich anstrengend ist. Jeder findet seine Substanz. Bei mir war es der Alkohol. Der hat mir vermeintlich geholfen, abzuschalten. Der Körper hält das schon einige Zeit aus. Nur die Psyche lässt irgendwann mal aus.

AK-Report: Wie ging es weiter?
Ich bin eines Tages mit einem Nervenzusammenbruch im Rettungsauto gelegen. Am nächsten Tag bin ich auf Revers heim und wieder in der Arbeit gestanden. Das machst du jedoch nur ein, zwei Mal. Öfter geht das nicht. Und dann brauchte es auch noch Mut, um zu deinen Chefs zu gehen und zu sagen: Ich kann nicht mehr. Da kamen dann Beschwichtigungen und Appelle. Das war schon eine krasse Erfahrung.

AK-Report: Das klingt nach einer wirklich krassen Erfahrung. Wurde es dann besser?
Nein, es ging noch tiefer bergab. Ich bin ja ein lustiger Lebemensch, immer live dabei. Gleichzeitig habe ich aber gespürt, dass es mir immer schlechter geht. Bis ich eines Tages meine erste Panikattacke hatte und glaubte, ich müsse jetzt Probesterben. Bald darauf war Schluss, ich musste weg von dort.

AK-Report: Wie hat dieser harte Schnitt die Situation verändert?
Zuerst einmal fiel ich in ein tiefes Loch. Ich habe viele Kontakte zu Leuten abgebrochen und gelernt, dass
Freundschaft mehr ist, als nach Feierabend auf ein Bier zu gehen. Da sind nicht mehr viele Menschen
an meiner Seite übergeblieben. Ich habe dann eine Therapie und später eine neue Ausbildung angefangen.

AK-Report: Und heute?
Krassnitzer: Heute arbeite ich wieder als Koch in der Tabakfabrik in der Kreisler*in und genieße die Arbeitszeiten und freien Wochenenden.

AK-Report: Was muss sich ändern, damit Kochen für mehr Menschen ein Traumberuf sein kann?
Krassnitzer: Der Umgang miteinander ist für mich entscheidend. Wenn man einen jungen Menschen
hat, der genau diesen Beruf lernen will, dann sollte man ihm mit aller Wertschätzung begegnen. Ihn nicht
„zur Sau machen“, wenn einmal Fehler passieren. Ich glaube daran, dass die aggressiven Küchenchefs von vor 20 Jahren heute nicht mehr am Ruder sind. Und, dass junge Menschen heute besser wissen, was sie mit sich machen lassen und was nicht.

Das Interview erschien im AK-Report 1/2025.